Die Entwicklungen in Japan hatte ich in letzter Zeit ein wenig aus den Augen verloren, doch es lohnt sich wieder einmal einen Blick in den fernen Osten zu werfen. Denn die japanische Regierung hat die landesweite Verkaufs- oder Mehrwertsteuer gestern von acht auf zehn Prozent angehoben.

Strategiewechsel könnte Konsumklima weiter einbrechen lassen

Hm, ein wohl sehr gewagter Schritt, wenn man bedenkt, auf welche Weise sich die Wirtschaft des Landes schon seit Jahren vor sich hinschleppt. Viele Analysten halten diese Maßnahme für einen signifikanten Strategiewechsel der Regierung von Premierminister Shinzo Abe, der Japan im kommenden Jahr in die Rezession schicken könnte.

In Japan, wo die Bank of Japan durch ihre anhaltenden Bondkäufe die Staatsanleihemärkte des Landes de facto nationalisiert oder verstaatlicht hat, droht sich das Konsumklima auf Basis der nun ergriffenen Maßnahmen weiter zu verschlechtern. Es lassen sich Vergleiche zu den Jahren 1997 und 2014 anstellen.

Die letzten MWSt–Erhöhungen führten in die Rezession

Nachdem die Regierung die Mehrwertsteuer im Jahr 1997 auf fünf Prozent und im Jahr 2014 auf acht Prozent angehoben hatte, waren hierauf jeweils kurze Zeit später einsetzende Rezessionen die Folge gewesen. Ich erinnere mich noch recht gut an ein ausführliches Gespräch mit dem in Tokio lebenden Peter Babucke im Jahr 2013 (sei gegrüßt an dieser Stelle!).

In diesem Gespräch gingen wir damals unter anderem auf die Beschaffenheit und Struktur der japanischen Gesellschaft, deren Überalterung wie auch die prekäre Lage an den Arbeits- und Jobmärkten Japans ein. Vielleicht waren dies eben jene Gründe, weshalb Shinzo Abe die seit längerer Zeit angedachte Mehrwertsteueranhebung in den letzten Jahren ausgesetzt hatte.

Abe: Staatsschulden und Demographie machen Steuererhöhung unvermeidlich

Doch nun teilte Abe mit, dass eine Anhebung der japanischen Mehrwertsteuer unvermeidlich sei. Begründet wurde dieser Schritt durch Abe, indem der japanische Premierminister auf die großen demographischen Herausforderungen, die mit einer stark alternden Gesellschaft einhergingen, verwies.

Immerhin machte Abe jedoch auch keinen Hehl daraus, dass anvisierte Steuermehreinnahmen einen Beitrag dazu leisten sollen, den enormen Staatsschuldenberg Japans abzutragen. Nach wie vor hält die Tokioter Regierung an ihrem Plan fest, das staatliche Haushaltsbudget bis zum Jahr 2025 auszugleichen.

Doch beißt sich die Katze hier nicht selbst in den Schwanz? Vielmehr steht zu vermuten, dass die nun beschlossene Mehrwertsteueranhebung den zukünftigen Konsum in Japan deutlich belasten wird, womit die japanische Wirtschaft im nächsten Jahr in eine Wirtschaftsrezession abzudriften droht.

Wirtschaft im Abschwung – Entscheidung schwer nachvollziehbar

Neben Europa leidet auch Japan unter dem anhaltenden Handelskrieg zwischen den USA und China. Hinzu gesellen sich schwerwiegende Handelsdispute mit Südkorea. Trotz allem wuchs Japans Wirtschaft über die Sommermonate um 1,8 Prozent im Vergleich mit der Periode des Vorjahres.

Doch neueste Daten indizieren, dass sich die japanische Wirtschaft zuletzt deutlich abgekühlt hat. Dies gilt insbesondere aus Sicht der japanischen Exportwirtschaft. Die nun beschlossene Mehrwertsteueranhebung wird sich darüber hinaus als Belastung für den heimischen Konsum erweisen.

Das Dai-ichi Life Research Institute weist darauf hin, dass sich die japanische Ökonomie zum aktuellen Zeitpunkt bereits in einem sich verschlechternden Zustand befinde. Aus diesem Grund ist die getroffene Entscheidung der Tokioter Regierung, die heimische Mehrwertsteuer ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt anzuheben, nur schwer nachzuvollziehen.

Unglückliches Timing: Entscheidung könnte der Wirtschaft noch auf die Füße fallen

Von dieser Erhöhung werden alle gängigen Alltags- und Gebrauchsprodukte in den Sparten Bekleidung, Elektronik und Haushaltswaren bis hin zu Dienstleistungen in den Segmenten Transport und Medizinwesen betroffen sein. Nur im Falle eines Erwerbs von Immobilien und Fahrzeugen gewährt die Regierung den Käufern einen Steuernachlass. 

Familien im Niedriglohnsektor sollen zudem von einer reduzierten Mehrwertsteuerquote und einem Punkteanreizsystem profitieren. Trotz allem deuten aktuelle Daten darauf hin, dass sich die Verbraucherstimmung in Japan auf dem Weg nach unten befindet. Die Steuerbeschlüsse der Regierung dürften diesen Trend laut Analysten noch verschärfen.

Und so wird beim Dai-ichi Life Research Institute auch davor gewarnt, dass das Timing eines solchen Beschlusses – insbesondere auch im Angesicht einer weiter nach unten tendierenden Weltwirtschaft – nicht unglücklicher hätte gewählt sein können.

So warnen Ökonomen und Analysten denn auch im Einklang davor, dass es sich bei der Regierungsentscheidung um einen fatalen strategischen Fehler handeln könnte, der Japans Wirtschaft im nächsten Jahr mit Wucht einzuholen drohe.

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